Donnerstag, 16. April 2020
Jan Essig
Wie Werkzeuge mit digitalem Zwilling optimiert werden
Wo ist denn nun dieser spezielle Fräser oder das Sägeblatt? Und, was wäre, wenn mein Smartphone verrät, wie es um die aktuelle Leistung und Performance meines Werkzeugs steht?
Zu genau diesen Themen rund um die digitale Werkzeugverwaltung hat das tapio-Team eine digitale Lösung gebaut, die passend zum digitalen Zwilling des Werkzeugs auf den Namen „twinio“ getauft wurde.
Die Technische Fachschule Bern verwaltet alle ihre Sägeblätter samt den Informationen zu Schnittbreite, Drehzahl oder aktuellem Schnittvolumen in der Web-App twinio. Wie dies in der Praxis aussieht und welche Werkzeughersteller bereits ihre Daten zu twinio beisteuern, haben wir uns angesehen.
Vor neun Jahren bereits hat Andreas Dürner, der den Maschinenraum der Abteilung Innenausbau an der TF Bern leitet, alle Werkzeuge digital erfasst - und zwar in einer Excelliste.
Das diese Lösung wenig dynamisch war, zeigte sich vor allem, wenn neue Messdaten eines Werkzeugs eingetragen werden mussten oder ein Werkzeug zum Schärfen vermerkt wurde.
„Uns war einfach klar, dass wir weit mehr Transparenz und Effizienz in der Werkzeugverwaltung benötigen und das System Excel viel zu statisch war“, so Dürner.
Werkstatt mit digitalem Werkzeug neu denken
Die Web-App twinio, die im Browser auf dem PC oder Smartphone funktioniert, digitalisiert die Werkzeuge – und das mit einem einfachen Scan der Codes auf den Werkzeugen oder den Verpackungen. Die Hersteller AGEFA, Aigner, AKE, Kanefusa und LEUCO liefern die originalen Werkzeugdaten in digitaler Form an tapio.
Das betrifft – abhängig von Werkzeugtyp - u.a. die Schnittbreite, den Durchmesser und auch die maximale Drehzahl des Werkzeugs. Wie kommen diese Daten nun in die App?
Einige Hersteller lasern einen Code, etwa einen QR-, Bar- oder Data-Matrix-Code auf das einzelne Werkzeug, der eine serialisierte, ein-eindeutige ID des jeweiligen Werkzeugs liefert. So bekommt jedes in twinio aufgenommene Werkzeug einen digitalen Zwilling mit eben diesen Daten, der über den kompletten Werkzeug-Lebenszyklus zugeordnet bleibt. Wozu das?
„Wir alle tragen in unseren Hosentaschen den QR-Code-Scanner im Smartphone. So kommen wir mit einem Klick direkt an alle wichtigen Informationen zu den Werkzeugen: Welches Blatt ist das genau? Welche Maschinenparameter muss ich einstellen? Wie viele Laufmeter hat das Sägeblatt schon gefahren?
Das hilft im Alltag in der Produktion und – in unserem speziellen Fall – den Lernenden besonders, denn so können die Informationen der Hersteller direkt mit einem Scan oder auch anders herum mit einer schnellen Suche eingesehen werden,“ erklärt Andreas Dürner.
Bestimmte Prozessparameter, wie beispielsweise die Schnittlänge, das Schnittvolumen und die Anzahl der Schnitte können an neueren Plattenaufteilsägen und bald auch CNC-Anlagen kommuniziert werden.
So können die Maschinen gleich die Werkzeugparameter via tapio lesen und nach der Bearbeitung den digitalen Zwilling des Werkzeuges aktualisieren zum Beispiel indem die Schnittlängen zurück in twinio geschrieben wird.
Zusätzlich zur automatisierten Aktualisierung des Zustands des Werkzeugs, können Parameter händisch eingepflegt werden, z.B. bei Maschinen ohne Anbindung. Auch das händische Einpflegen der Werkzeugdaten von Herstellern, die noch nicht in twinio integriert sind, ist mit wenigen Klicks möglich.
Den Lebenszyklus des Werkzeugs bis zum Schleifen abdecken
Irgendwann lässt auch beim besten Werkzeug die Qualität nach und es muss zum Schleifen. Auch diese Information liefert twinio mit der integrierten Grenzwertbetrachtung und Analyse. Eine Grafik informiert und zeigt farblich an, wann das Werkzeug zum Schleifen sollte und was es im Vergleich zu vorherigen Schleif- und Einsatzzyklen geleistet hat. Die jeweiligen Parameter dazu können selbst definiert werden.
Geht ein Werkzeug dann zum Schärfdienst, wechselt es in twinio von der grünen Farbe, die die Verfügbarkeit anzeigt, auf Rot. So erspart sich das Team um Andreas Dürner lästiges Suchen und sorgt werkstattintern für Transparenz.
AGEFA, AIGNER, AKE, LEUCO und KANEFUSA integriert
Für twinio liefern einige Hersteller bereits ihre Wergzeuge mit eingelasertem Code, der auf die serialisierte ein-eindeutige ID des Werkzeugs hinweist. LEUCO nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein, wie Paul Götz, Produktmanager bei LEUCO erklärt: „Die Vorteile für die Anwender liegen auf der Hand:
Es müssen keine Daten zu LEUCO-Werkzeugen manuell eingetragen werden, sondern es kann direkt mit den Stamm- bzw. Messdaten gearbeitet werden. Bei einem Großteil unserer Werkzeuge ist heute schon ein Data-Matrix-Code eingraviert, der somit die Grundlage für die ein-eindeutige Identifikation in twinio darstellt. Bestandswerkzeuge ohne ein-eindeutige Identifikation können nachträglich im LEUCO-Service mit einem Data-Matrix-Code versehen werden.“
Digitale Werkstatt in der Praxis
Angefangen hat Dürner mit der Anbindung der Maschinen an tapio und nun geht es für ihn weiter zu den Werkzeugen, denn in der Werkstatt der TF Bern kommen mehr als 100 Sägeblätter zum Einsatz, die bereits in twinio registriert sind. Nun folgen die Fräswerkzeuge. „Wir sind noch nicht an jedem Punkt in Sachen Digitalisierung so weit, wie wir sein möchten, aber wir haben einen Plan. Einen großen!“
Aufgrund des eigen generierten QR-Codes (oder auch Barcodes oder Data-Matrix-Codes) können Sie einfach und schnell Ihr Werkzeug identifizieren.