Christian Neumann

08.05.2019
5 min Lesezeit

Wir sind kein Marktplatz und auch keine IoT Plattform

Es fliegen viele Buzzwords durch die Welt. Dabei passiert es leider viel zu oft, dass Bedeutungen verloren gehen oder zur Unkenntlichkeit verschwimmen. In einer Welt, die sich gerade entwickelt, wie im Rahmen der Digitalisierung, ist dies auch oft sehr natürlich. Es muss sich schließlich erstmal herausstellen, welcher Begriff was bedeutet bzw. bedeuten soll.

Als Betroffene der Diskussion, wollen wir als tapio hier etwas Klarheit schaffen. Denn nur wenn wir alle ein gemeinsames, gleiches Verständnis von den Begriffen haben, können wir uns auch sinnvoll und mehrwertstiftend austauschen. Die ganze Diskussion erinnert sehr stark an die Anfänge der „Cloud“ Debatten, bis endlich jemand mal klar definiert hatte was PaaS, IaaS und Co. sind, wurde viel aneinander vorbei diskutiert. Wir wollen in diesem Beitrag folgende Begriffe erläutern:

  1. (IoT) - / (IIoT) - / Technologie Plattform
  2. eCommerce
  3. Marktplatz
  4. Ökosystem

Plattformen jeglicher Art

Dies bezeichnet eigentlich nur eine technische Infrastruktur, mit der Lösungen entwickelt werden und/oder auf der diese Lösungen betrieben werden. Die Zusätze IoT (Internet of Things) oder IIoT (Industrial Internet of Things) sind reine Marketing-„Blendgranaten“. Man will damit zum Ausdruck bringen, dass bestimmte technische Funktionalitäten auf der Plattform existieren, die besonders für diese Anwendungsfälle entwickelt wurden.

Hier kann man sich mittlerweile streiten, ob es sich noch lohnt solche Zusätze zu verwenden, denn die großen Plattformanbieter haben alle sehr vergleichbare Funktionen im Programm. Es ist also kein wirklicher Differentiator mehr. Wenn man unter die Haube der Plattformen schaut, findet man durchaus technische Unterschiede und es soll hier nicht gesagt werden, dass es egal ist welche Plattform man nimmt, allerdings muss die Auswahl auf Basis des „Zweckes“ getroffen werden und nicht aus einer rein technischen Sicht.

Man kann es etwas mit den diversen Autoherstellern vergleichen. Deren Produkte fahren alle, haben alle mindestens vier Räder und man kommt von A nach B. Was man damit macht ist jedem selbst überlassen und man kann sich auf Basis seiner Bedürfnisse das beste Produkt auswählen.

eCommerce

Kam eigentlich in der Zeit um die Jahrtausendwende auf als die ersten weiterverbreiteten Angebote entstanden bei denen man „online“ Waren kaufen konnte. Das „e“ zeigte eigentlich nur an, dass es neben den klassischen Kanälen (wie Geschäft, Papierkatalog) nun auch einen elektronischen gab.

Kennzeichnend hier ist, dass es um physische Waren geht, die nur elektronisch ausgesucht und bestellt werden. Weiterhin ist es eine 1:1 Beziehung zwischen einem Kunden und einem Händler oder Hersteller, der die Ware verkauft. Wenn der Hersteller selbstverkauft, spricht man oft auch von „direct sales“. Insbesondere dann, wenn der Hersteller ansonsten nur über Händler verkauft. Oft wurde die Umgehung der Händler als ein strategisches Ziel der Hersteller gesehen, um die Marge der Händler für sich selbst zu vereinnahmen. In machen Industrien ist dies auch zu einem etablierten Modell geworden. Denken Sie nur mal an Ihre Hotel- oder Flugbuchungen: wann waren Sie das letzte Mal in einem Reisebüro?

Sobald ein Produkt aber erklärungswürdig ist oder es nicht ganz trivial ist, die richtige Variante oder Konfiguration zu finden, ist weiterhin eine fachkundige Beratung notwendig und damit oft ein qualifizierter Händler. eCommerce ist daher insbesondere im B2B Umfeld heute einfach nur einer von vielen Kanälen. Allerdings tut sich e-Commerce bis heute schwer beim Verkauf von erklärungsbedürftigen Waren.

Wenn Sie schonmal probiert haben sich ein Auto auf einer Webseite zu konfigurieren, dann wissen Sie in was für Untiefen man sich verlieren kann. Jetzt stellen Sie sich erstmal vor, wie es sein würde, wenn Sie sich Ihre neue CNC Maschine für den konkreten Produktionsprozess online selbst zusammenstellen müssten. Kann man machen, muss man aber nicht! Als technikaffiner Enthusiast ist dieses Erlebnis vielleicht eine großartige Wochenendbeschäftigung. Nur effizient ist dieser Zeitvertreib nicht.

Klassischer E-Commerce wird in kleinen Schritten immer mehr Lösungen und Konfiguratoren für variantenreiche Produkte zur Verfügung stellen. Wie weit wir hier gehen können wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Hier wird sich auch zeigen, ob z.B. der Möbelhandel zu einem größeren Teil über e-Commerce abgewickelt wird.

Marktplatz

Eigentlich das gleiche wie eCommerce nur mit dem kleinen Unterschied, dass auf oder Mittels des Marktplatzes nicht nur Produkte des Herstellers oder des Händlers angeboten werden, der den Marktplatz betreibt, sondern dass ganz viele verschiedene Anbieter aktiv sind. Die Analogie kommt auch wirklich von Wochenmarktplätzen, wie Sie diese vielleicht noch von Ihrer Stadt kennen. An einem zentralen Ort bauen an einem Tag viele Händler/Hersteller ihre Stände auf und versuchen Ihnen ihre Produkte zu verkaufen. Der physische Platz, auf dem der Markt stattfindet, wäre dann die „Plattform“ (siehe 1).

Der „Marktplatz“ im digitalen Sinne funktioniert genauso und es geht i.d.R. auch um physische Produkte. Amazon war im Kern zu Beginn ein eCommerce Handel für Bücher. Was Amazon mittlerweile aber auch hat ist der „Amazon Marketplace“. Hier tritt Amazon nur als Vermittler auf. Es verkaufen „Dritte“ ihre Waren im Amazon Marketplace. Hier ist Amazon also der Marktplatz und stellt die Basis für andere dar, damit diese ihre Produkte verkaufen können. Was alle Verkäufer dabei gemeinsam haben ist, dass sie Grundfunktionen von Amazon nutzen. Auf jeden Fall die Präsentation der Waren und die Abrechnung. Teilweise sogar die Logistik, nämlich dann, wenn Amazon im Auftrag der Verkäufer auch aus einem Amazon-Lager liefert. Ansonst ist es aber reiner Preiswettbewerb und jeder kämpft gegen jeden. Der Wettbewerb auf einem Marktplatz ist sehr stark preisgetrieben und ist nicht für alle Händler ein erfolgreiches Geschäft.

Ökosystem

Ökosystem bezieht sich nun darauf, dass die verschiedensten Teilnehmer realisiert haben, dass es notwendig ist auch inhaltliche Synergie für den Kunden zu realisieren. Es reicht nicht aus, dass man nur, wie im Marktplatzfall, an einer Stelle eine unendliche Menge an Angebot hat, sondern es muss auch möglich sein, dass verschiedenste Angebot sich gegenseitig ergänzen können. Wenn man nur an physische Güter denkt, dann klingt dies trivial. Wenn Sie sich auf einem Marktplatz einen Topf kaufen und einen Kochlöffel, dann ist es egal, ob die beiden Hersteller ein Ökosystem haben oder nicht. Die werden zusammen bei Ihnen in der Küche funktionieren. Wenn man sich nun aber in eine digitale Welt begibt und es nicht mehr um physische Güter geht, sondern um Services, dann wird es klarer, wieso ein Ökosystem etwas anderes ist als ein Marktplatz.

tapio stellt ein solches Ökosystem zur Verfügung in dem unterschiedliche Hersteller nicht nur ihre digitalen Services anbieten können, sondern zudem auch Informationen von Maschinen, Werkzeugen und Materialien austauschen können. Dies führt zu gemeinsamen digitalen Services, welche dem Kunden übergreifenden Mehrwert bieten.

Nehmen wir mal unser tapio MachineBoard als Beispiel. Auf einem Marktplatz könnten Sie von den diversen Maschinenhersteller jeweils unabhängige Lösungen kaufen, um ihre Maschinen zu überwachen. Dann hätten Sie zwar einen zentralen Platz, auf dem Sie wie in einem App-Store diverse Produkte finden, aber Sie würden nur sehr schwer Synergien heben können. Nämlich nur dann, wenn die verschiedensten Hersteller bilateral es hinbekommen Informationen auszutauschen. Es ist etwa die Situation, die Sie auf ihrem Smartphone heute mit Messaging-Apps haben. Oder haben Sie es schonmal geschafft, dass die WhatsApp Nachrichten auch in ihrem iMessage Account auftauchen?

Als Ökosystem verfolgen tapio und seine Partner einen anderen Ansatz. Jeder soll und kann seine eigenen Lösungen entwickeln und vermarkten! Allerdings achtet tapio als Ökosystem-Orchestrator darauf, dass Synergien nicht verloren gehen. So kann ein Kunde im MachineBoard die Informationen der verschiedensten Herstellermaschinen sehen und diese sind auch gleich verständlich. Alle Maschinen zeigen ihren Zustand, z.B. in Wartestellung, auf die gleiche Art und Weise an. Dies führt bei den Kunden zu einem vereinfachten Überblick seiner Maschinen.
Beim Maschinen-Monitoring ist dies vielleicht noch trivial, aber nun versuchen Sie sich mal vorzustellen, wie es wäre, wenn alle physischen Gegenstände in einer Produktion sich auch digital kennen würden, mit einander Informationen austauschen könnten? Es würde ein sehr buntes Netz an Synergien entstehen und die verschiedenen Teilnehmer können sich auf ihr Fach – KnowHow fokussieren.

In einem Ökosystem geht es also vielmehr, um das Ziel gemeinsam Kundennutzen zu entwickeln.

In dem Sinn hoffe ich, dass wir etwas Klarheit schaffen konnten.

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